Sachsen, Kühnhaide - Lauschhübel ~ Eine Wanderung im Grenzbereich zu Tschechien
Ein Beitrag von Gastautor: Ulrich Classen
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Die 12 km lange Wanderung beginnt im Marienberger Ortsteil Kühnhaide an der tschechischen Grenze, führt nach Osten über Rübenau auf den Lauschhübel und über Kienhaid zurück.
letzte Schneereste
Von Chemnitz kommend fahren wir auf der B 174 an Marienberg vorbei Richtung Chomutov. Kurz vor der Grenze, in Reitzenhain, biegen wir links ab und fahren durch Kühnhaide, Richtung Rübenau. Kühnhaide ist ein sehr langgezogener Ort, ganz am Ende, genau bevor die Straße in den Wald führt, steuern wir den Parkplatz auf der linken Seite an.
Wir folgen der eben gefahrenen Straße wenige Meter weiter Richtung Rübenau und sehen rechts einen gut ausgebauten Waldweg, den „Grenzweg“, der uns Richtung Osten, später nach Südosten schwenkend und dann wieder genau nach Osten bis Rübenau bringt. Rübenau ist ein Ortsteil von Marienberg, allerdings etwa 16 km von Marienberg entfernt. Eine Streusiedlung, in der es im Winter manchmal „richtig zu Sache geht“, auf der Hochebene ist es oft sehr kalt und windig.
Aussicht vom Lauschhübel
Etwa 200 m nachdem wir den Wald verlassen haben, biegen wir rechts ab in den Kriegwaldweg. Rechts
vom Weg sehen wir ab und zu Hinweise auf das dort beginnende tschechische Staatsgebiet.
Kurz nachdem rechts der Wald aufhört, kommen wir zum Försterdenkmal. Auch wenn hier auf ein trauriges
Ereignis hingewiesen wird: es ist ein sehr schöner, einladender Rastplatz. Aber nach den erst 4 km,
die wir bisher gelaufen sind, ist die Neugier größer als das Ruhebedürfnis, deshalb befassen wir
uns zuerst mit dem Gedenkstein: Hier wird an 4 Förster erinnert, die 1945 ermordet wurden. Nun waren
im Erzgebirge Auseinandersetzungen zwischen Wilderern und Förstern nichts Ungewöhnliches. Karl Stülpner,
ein Wilderer aus Scharfenstein (1762 – 1841) wird im Erzgebirge heute noch wie ein Nationalheld
verehrt, es gibt viele Denkmale ihm zu Ehren. Und ein toter Förster wurde als bedauerlicher
Kollateralschaden angesehen, zumindest von der Bevölkerung. Die Obrigkeit hatte da eine abweichende
Meinung…. Also ging es hier vermutlich auch um einen Kampf zwischen Wilderern und Förstern. Aber
4 Förster? Das Denkmal hält sich mit Informationen zurück, wir forschen nach: angeblich wurden
die 4 Forstbeamten unabhängig voneinander im Jahr 1945, aber nach Kriegsende, von tschechischen
Soldaten ermordet. Die Förster hatten sich angeblich den plündernd durch Sachsen ziehenden Soldaten
entgegengestellt und dafür mit dem Leben bezahlt.
Triangulationssäule Lauschhübel
Nachdem wir uns gestärkt haben, gehen wir wenige Meter zurück zum Waldrand, überqueren die
tschechische Grenze und gehen am Waldrand etwa 400 m nach Südwesten. Dann finden wir einen
geraden, etwas steilen Weg Richtung Nordwest. Eine Menge Sturmholz erschwerte im April 2019
das Vorwärtskommen. Die Forstwirtschaft im ganzen Erzgebirge beidseits der Grenze schafft es
nur mit Mühe, das Holz, welches die häufigen Stürme umwerfen, wegzuräumen. Und dann kommt noch
der Borkenkäfer dazu….
Wir gehen etwa 600 m bergauf und biegen dann links ab, nach weiteren 400 m erreichen wir den flachen
Gipfel (842 m üNN) des Lauschhübels, tschechisch Čihadlo. Der Aussichtspunkt, etwa 50 m rechts auf
dem Hügel, ist sehr bescheiden markiert, beinahe wären wir vorbei gelaufen.
Die Mühe hat sich aber gelohnt, die Aussicht ist beeindruckend. Das Schwarzwassertal, die
Marienberger Drei-Brüder-Höhe, Saida, den Schwartenberg und einige Häuser von Seiffen können
wir erblicken.
ein sonniger, aber etwas wüster Weg
Genau auf dem Gipfelfelsen steht eine Triangulationssäule. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Sachsen optisch vermessen, für die damalige Zeit etwas ganz Besonderes. Auf den damals überwiegend unbewaldeten Berggipfeln wurden Säulen der „Königlich - Sächsischen Triangulirung“ aufgestellt, die alle Sichtkontakt zueinander hatten. Die genauen Standorte wurden durch optische Messung der Winkel zueinander errechnet. Hier steht die Station Nr. 84 aus dem Jahr 1869.
Wir verlassen den Gipfel des Lauschhübels und gehen auf einem bequemen Weg weiter genau nach Westen.
Nach etwas mehr als 1 km biegen wir links ab Richtung Süden und erreichen nach weiteren 800 m den
aufgegebenen Ort Kienhaid.
Das ist jetzt doch etwas verwirrend: Der Ort auf deutscher Seite, wo unser Auto steht, heißt so ähnlich:
Kühnhaide, gegründet vor 1552. Im Jahr 1709 entstand dann auf der böhmischen Seite der unabhängige Ort
Kienhaid (auf alten deutschen Karten so bezeichnet), der heute auf tschechisch Kinhaida, und nach
einer Verwaltungsreform auch Načetín I genannt wird. Trotz der Ähnlichkeit des Namens hatten die
beiden Orte nie etwas miteinander zu tun. Zu Beginn des 2. Weltkrieges lebten hier noch 211
Deutsche, die nach dem Krieg alle vertrieben wurden. Das Dorf verfiel daraufhin völlig. Wir
können uns der Faszination dieses Beweises der Vergänglichkeit nicht entziehen und streifen etwas
beklommen durch die wenigen Reste dieses Dorfes.
Wüstung Kienhaid
Der weitere Weg (Richtung Nordwest) ist jetzt schon beschildert mit Kühnhaide. Aber schon nach
400 m verlassen wir den Weg, biegen links ab und gehen 400 m nach Südwest. Nachdem ein kleiner Bach
überquert wurde, geht es wieder nach rechts weiter durch den Wald oberhalb des Baches Richtung Nordwest.
Auf der rechten Seite kommen wir zu einem kleinen, aber sehr hübsch angelegten Stausee, wobei „See“
schon etwas schmeichelhaft ist: etwa 50 m Durchmesser hat das namenlose Gewässer. Über den Staudamm
balancieren wir auf die andere Seite, die Waldecke bietet sich für ein weiteres kleines Picknick an.
Geradeaus weiter erreichen wir wieder den Weg nach Kühnhaide, nach 200 m überqueren wir den
Grenzfluss, die Schwarze Pockau und sind wieder in Deutschland.
Waldweg nördlich von Kühnhaide
Die hübsche Dorfkirche ist eigentlich immer verschlossen, wir gehen trotzdem einmal herum und dann
weiter durch das Dorf, überqueren die Straße, auf der wir hergekommen sind und laufen immer weiter
Richtung Nordwest bis zum Sportplatz. Am Sportplatz entlang geht es rechts auf den Förstersteig
1,3 km durch den Wald nach Nordost. Das ist nochmal ein richtig schöner angenehm zu laufender Weg.
Am Ende des Waldes stoßen wir auf den „Grünen Graben“ und sehen rechts in 300 m Entfernung unser Auto stehen.
Die Orientierung auf dieser Wanderung ist nicht ganz leicht, der Weg ist nicht einheitlich beschildert.
Deshalb sollte man mindestens eine Wanderkarte dabei haben, mein Vorschlag:
Topographische Karte Blatt 27, Mittleres Erzgebirge, Marienberg, Olbernhau, 1:25.000, ISBN 978-3-86170-318-1
(erhältlich zum Beispiel bei Amazon)
Noch besser wäre natürlich ein Navigationsgerät, bei dem zumindest auch das tschechische Erzgebirge
gespeichert ist.
Wir sind die Strecke Ende April 2019 gelaufen, auf manchen Wegen lagen noch Schneereste. Im Winter
also nicht unbedingt zu empfehlen, es könnte sehr anstrengend werden.
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Stand: April 2020